Holocaust-Gedenktag der Roma und Demo am Vortag

Holocaust-Gedenktag der Roma und Demo am Vortag

Am 2. August 1944 wurden die letzten ca. 4300 Häftlinge des „Z.familienlagers“ in Auschwitz-Birkenau ermordet. Daher gedenken Roma jährlich am 2. August ihrer im Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Vorfahren und Angehörigen. Wenn es nach den Plänen der Deutschen Bahn ginge, wäre dieses Jahr das letzte Mal, dass der Gedenktag auch am zentralen Mahnmal der im NS ermordeten Sinti und Roma Europas zelebriert werden kann.

Die Deutsche Bahn und die Stadt Berlin möchten das Mahnmal oder Teile davon zerstören, um eine Bahn-Strecke zu bauen. Das Denkmal in Berlin ist die symbolische Grabstätte für all jene Roma und Sinti, die von den Deutschen und ihren Verbündeten im Zweiten Weltkrieg in ganz Europa ermordet und nie bestattet worden sind. Überlebende und Nachkommen betrauern hier ihre Angehörigen. Für die Mehrheitsbevölkerung soll das Mahnmal ein Bewusstsein für den Völkermord schaffen.

Der Mangel an Bewusstsein macht es überhaupt erst möglich, dass die Deutsche Bahn das Mahnmal entfernen will. Die Reichsbahn hat in großem Ausmaß vom Krieg und vom Holocaust profitiert. Sie hat Truppen und Material verlegt und Zwangsarbeiter_innen transportiert. Sie hat selber Zwangsarbeiter_innen ausgebeutet. Sie hat Roma, Sinti und Juden in die Arbeits- und Todeslager transportiert. An den Deportationen hat sie Millionen verdient. Die Kosten dafür mussten die Opfer des Holocaust selbst tragen, indem die SS dafür ihren beschlagnahmten Besitz verwendet hat.

Die Abwehr gegen Roma manifestiert sich bis heute in der Migrationsabwehr, in alltäglicher, institutioneller und struktureller Diskriminierung bis hin zu Gewalt und Mord in Deutschland und vielen anderen Ländern. Daher empfinden wir schon die Diskussionen um das Mahnmal als Angriff.

Roma-Selbstorganisationen und andere protestieren gegen die Pläne der DB.

Wir sprechen uns seit Jahren gegen ein leeres Erinnern und ein kaltes Vergessen aus. Um die Unterbrechung der fortgesetzten Geschichte müssen wir weiter kämpfen.

Kommt am 1. August zur gemeinsamen Demo mit dem Rojava Soli-Bündnis „Für grenzenlose Solidarität – Weltweit Rassismus und Faschismus zerschlagen!“ Die Demo wird vor dem Göttinger Hauptbahnhof enden, um gegen die Pläne der DB zu demonstrieren.

Wann: 1. August 2020, 14h

Wo: Am Gänseliesel in Göttingen


Für grenzenlose Solidarität – Weltweit Rassismus und Faschismus zerschlagen! | Samstag, 1. August um 14:00 Uhr am Gänseliesel | Göttingen

Die Bilder brennender Polizeistationen und gestürzter Kolumbus-Statuen in den USA gingen in den letzten Wochen um die Welt.

Doch die USA sind bei weitem nicht das einzige Land, in dem sich Teile der Bevölkerung gegen Diskriminierung, Repression, staatliche Gewalt und Mord wehren. Überall auf der Welt stehen jeden Tag Menschen zusammen gegen Ungerechtigkeit und Faschismus: Während Trump Möchtegern-Diktator spielt und rechte Milizen Regierungsgebäude besetzen, um die Faschisierung der USA voran zu treiben, kämpft die Black Lives Matter-Bewegung, die sich gegen rassistische Polizeigewalt und institutionellen Rassismus richtet, auf den US-amerikanischen Straßen dagegen. Während Erdogans faschistische Türkei mit Angriffskriegen, deutschen Waffen und islamistischen Terrormilizen versucht den rechten Traum von einem neo- osmanischen Reich zu verwirklichen, setzen sich die Guerillakämpfer*innen in den Bergen Kurdistans mit ihrem Leben dagegen ein.

Zeitgleich gibt es eine Revolte in Chile, die sich gegen den Neoliberalismus und Rassismus richtet. Den Widerstand in Baluchistan gegen die rassistische Unterdrückung der pakistanischen Regierung. Die vielen sozialen Kämpfe in Brasilien gegen die faschistische Regierung Bolsonaros. Die progressiven Menschen innerhalb der Gelbwestenbewegung in Frankreich, die sich gegen Macrons Klassenkampf von oben gewehrt haben. Trotz staatlicher Repressionen mit Mord, Hinrichtung, überfüllte Gefängnisse findet ein Widerstand gegen die Herrschaft des kapitalistischen Regimes im Iran statt. Und auch in Deutschland war der Faschismus und Rassismus mit dem Sieg über das Naziregime nicht zu Ende.

Die rassistische Abschiebepolitik, struktureller und alltäglicher Antisemitismus, die rassistische Polizeigewalt und Diskriminierung gegen Sinti und Roma, sind nur einige Beispiele. Immer noch gibt es rassistische und faschistische Kontinuitäten, die in rassistisch und antisemitisch motivierten Morden gipfeln. Die Morde von Hanau und Halle sind die jüngsten Verbrechen auf dieser endlosen Liste. Faschismus ernährt sich durch Militarisierung und Kriege. Während viele hier in Deutschland, in Europa mit einem Gefühl von “Frieden” leben, werden zur selben Zeit in unzähligen Ländern Kriege oder bewaffnete Konflikte geführt.

Opfer sind vor allem Zivilist*innen – Menschen wie wir.

Kriege und ihre Folgen treiben heute mehr als 70 Millionen Menschen auf die Flucht. Anschließend werden sie hier mit der rassistischen europäischen Abschottungspolitik konfrontiert. In Berlin wollen Deutsche Bahn und Stadt durchsetzen, dass das Mahnmal für die im NS ermordeten Sinti und Roma Europas zerstört wird. Das ist ein Angriff auf den jahrelangen Kampf um die Anerkennung des Völkermords. Auch in Göttingen können wir diese Kontinuitäten hautnah erleben z.B. im Umgang mit Coronainfektionen im Iduna-Zentrum und der Groner Landstraße 9a-c. Wir sehen eine Politik, die die Gesundheitsversorgung und menschenwürdige, soziale Wohnmöglichkeiten kaputt spart, aber gleichzeitig Millionen in Polizeieinsätze investiert, z.B. um Bewohner*innen einzusperren.

Die Machthaber sind dabei nicht die Ursache, sondern ein Symptom. Die alleinigen Schuldzuweisungen an Einzelne wie Trump, Erdogan oder Bolsonaro verdecken das System, das sie hervorgebracht hat. Ihre Macht gründet sich auf ein System rassistischer Trennung, der Aufteilung der Gesellschaft in besitzende und nicht-besitzende Klassen und patriarchaler Unterdrückung. All diese Kämpfe richten sich nicht nur gegen einzigartige, lokale Gegebenheiten oder Herrschende, die es nur an dem jeweiligen Ort gibt. Der Widerstand richtet sich überall gegen die verschiedenen Gesichter der immer gleichen faschistischen und rassistischen Ideologie, weshalb wir an jedem Ort und immer wieder dagegen halten werden.

Für unsere Solidarität sollte es keine Rolle spielen, um welches Land es geht! Am 2. August ist der internationale Holocaust-Gedenktag der Roma und Sinti, und am 3. August jährt sich der Beginn des Völkermords an den Jeziden in Shingal durch den IS zum 6. Mal. Dies dient uns als Mahnung immer und überall gegen Unterdrückung und mörderische Ideologien zu kämpfen. Deshalb wollen wir am 1. August 2020 um 14 Uhr am Gänseliesel gemeinsam unsere Trauer, Wut und Widerstand auf die Strasse tragen. Ebenso erinnern wir an die politischen Gefangenen im Iran, in der Türkei, in Kurdistan, im Irak, in Chile, im Sudan…, die unter grausamen Bedingungen wie Haft und Folter für den Kampf um Würde und Freiheit ihre Leben riskieren bzw. ihre Strafe verbüßen müssen.

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