The Awakening – Berlin 08.11.2017
The Awakening
Der Dokumentarfilm The Awakening von Kenan Emini (Roma Antidiscrimination Network) zeigt Momentaufnahmen der politischen und sozialen Lage von Roma in Europa. Der Film ist eine Art Work in Progress und wird stetig verändert, um aktuellen Geschehnissen gerecht zu werden. Was sich nicht verändert, sind die grundlegenden Themen, die der Film behandelt: der Kampf der Roma fürs Bleiberecht, die Folgen für die von Abschiebung Betroffenen (insbesondere für Kinder und Jugendliche) sowie der Rechtsruck in Europa.
Roma werden aufgrund ihrer marginalisierten Lebenssituation in Deutschland als „Wirtschaftsflüchtlinge“ stigmatisiert und rechtlich behandelt. Ihre Armut wird als selbstverschuldet wahrgenommen und damit Diskriminierung legitimiert. Dabei wird völlig verkannt, dass ihre sozioökonomische Situation die Folge von Krieg und anhaltender Ausgrenzung ist.
Als beim Zerfall Jugoslawiens der Nationalismus bei vielen Völkern des ehemals sozialistischen Vielvölkerstaates wieder aufloderte, gehörten Roma zu den Hauptleidtragenden. Viele sind bereits während der ersten Jugoslawienkriege in den 1990ern geflohen. Jedoch war es vor allem der Kosovokrieg, den die NATO auch mit Unterstützung Deutschlands geführt hat, der nach wie vor seine Schatten wirft. So wurden etwa die Häuser der Roma im Krieg zerstört oder von Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft enteignet, und viele Roma wurden aus dem Land vertrieben.
Für Roma gibt es in den ex-jugoslawischen Ländern keine Zukunft mehr. Diese Hintergründe zu kennen, ist wichtig, um die aktuelle Situation und die Kämpfe der Roma gegen Abschiebung hierzulande richtig einzuschätzen.
Die Kämpfe werden im Film u.a. anhand der Besetzung des Mahnmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Roma und Sinti Europas in Berlin gezeigt. An diesem Ort, der an Verfolgung und Völkermord erinnern soll, protestierten im Mai 2016 50 Roma gegen ihre Abschiebung. Gewaltsam wurde die Besetzung nachts von der Polizei geräumt, und fast alle dort demonstrierenden Roma wurden mittlerweile abgeschoben.
Einen Mangel an historischem Bewusstsein zeigt Deutschland auch mit Erklärung von sechs Balkanländern zu so genannten sicheren Herkunftsstaaten. Das Recht auf Asyl wird damit für die betroffenen Menschen, vor allem Roma, ausgehebelt und deren Abschiebung massiv gefördert. Dass dort lediglich materielle Not, Marginalisierung und Diskriminierung für sie sicher sind, wird im Film eindrücklich gezeigt. Ihre Kinder, die in Deutschland geboren und sozialisiert sind, werden ihrer Zukunft beraubt – viele von ihnen werden nie wieder eine Schule besuchen, da sie oftmals nicht einmal die dortige Sprache sprechen.
Der Film zeigt, dass die Diskriminierung gegen Roma durch das wieder zunehmende Erstarken rechter Bewegungen und Parteien in Europa verstärkt wird und sie immer wieder Ziel nationalistischer Angriffe und anderer Menschenrechtsverletzungen werden.
Seit Beginn der Jugoslawienkriege sind mittlerweile fast 30 Jahre vergangen, und mehrere Generationen von Roma sind in einer Situation der Heimatlosigkeit aufgewachsen oder in sie hineingeboren worden. Ein Zuhause gibt es für Roma in den Balkanstaaten nicht mehr, daher kommen sie nach ihrer Abschiebung wieder. Deutschland hat nie seine historische Verantwortung für den Völkermord und seine Beteiligung am Kosovokrieg übernommen, indem es den Roma einen sicheren Aufenthalt gewährt hätte. Endlich ein Bleiberecht und gesellschaftliche Beteiligung zu erwirken – das gehört zu den wichtigsten Zielen von Roma-Initiativen wie alle bleiben!, deren Kämpfe im Film gezeigt werden.
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