Eulex-Abschiebung in den Kosovo am 22.06.10
Eulex-Abschiebung in den Kosovo am 22.06.10
Gestern landete um 16 uhr 30 auf dem flughafen prishtina ein jumbo-jet der air-berlin mit ca.260-290 menschen an bord. mehr als 100 davon waren polizisten. die deutsche fluggesellschaft air berlin ließ sich den flug und die auswahl der passagiere von der eulex bezahlen. im kosovo ist eulex, abkürzung für “Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union” im Rahmen der “Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik”, ein wesentlicher teil der kolonialregierung, die hier das eigentliche sagen hat.
Die passagiere waren menschen aus europäischen ländern – hier aus skandinavien, österreich und deutschland, vorgesehen aber nicht an bord waren auch menschen aus frankreich und der schweiz, die aus ihren wohnungen festgenommen und mit polizeigewalt in den kosovo deportiert wurden.
Allein aus deutschland waren für diesen flug 190 menschen von den innenministerien aus niedersachsen, nordrhein-westfalen und weiteren bundesländern asngemeldet worden. glücklicherweise befanden sich im endeffekt “nur” 21 tatsächlich deportierte menschen aus deutschland in diesem flieger. der größere teil von ihnen sind roma – menschen ehemals jugoslawischer staatsangehörigkeit, die meist sehr lange in deutschland lebten, deren kinder in deutschland geboren und aufgewachsen sind, deren sprache und soziale zugehörigkeit deutsch ist. die sog. heimat ihrer eltern existiert nicht mehr, de facto sind sie staatenlose bürger/innen deutschlands. sie besitzen keine kosovarischen pässe, dennoch wurden sie zwangsweise in den kosovo abgeschoben. auch aus anderen westeuropäischen ländern wurden nicht nur menschen albanischer volkszugehörigkeit, sondern ebenfalls roma abgeschoben, also staatenlose bürger/innen westeuropäischer länder.
Die ankunft des jumbo-jets der air berlin, wahrscheinlich gestartet in stockholm und mit zwischenlandungen in düsseldorf und wien, wurde zur “absicherung” (vor was wohl eigentlich?) von großen hubschraubern der kfor begleitet, die bereits vor der landung die piste in der luft und am boden “sicherten”. am display der ankunftstafel stand absolut nichts über die landung. davor und danach waren nur jets anderer gesellschaften angezeigt. presse war nicht zugegen, dafür aber eine stattliche reihe von staats-, botschafts- und “sicherheits”-vertretern aus vielen europäischen ländern sowie des unhcr und des kosovo, die die deportierten bereits vor ihrem betreten des sog. staatsgebiets kosovo erwarteten, sortierten, registrierten. in die öffentlichkeit hinaus wurden die menschen, die nicht von den sehr wenigen angehörigen (viele haben hier keine mehr!) abgeholt wurden, von polizisten “abgeschirmt” (vor wem außer der fast nicht vorhandenen “öffentlichkeit”?) in wagen verfrachtet und irgendwohin gebracht. aus schweden befand sich darunter eine gruppe geistig behinderter menschen. im kosovo werden behinderte menschen aus der öffentlichkeit ferngehalten, entweder zuhause quasi eingesperrt oder, wenn das “zuhause” nicht mehr existiert, in den wenigen psychiatrischen anstalten oder psychiatrischen krankenstationen weggesperrt und mit dem hier sehr gebräuchlichen diazepam (valium) “ruhiggestellt”.
Die gesichter der zwangsweise ankommenden unterschieden sich sehr von denen der anderen passagiere, sie waren voll scham, angst und verzweiflung, viele mit tränen, vor allem die, die von angehörigen erwartet wurden.
Die einzige abgeschobene große familie aus deutschland sind roma aus nordrhein-westfalen mit 4 oder 5 kindern, die älteste ist knapp 13, die beste schülerin ihrer klasse. die eltern lebten seit 21 jahren in deutschland. im kosovo kennen sie niemand. allein diese familie, die bei der festnahme am morgen durch mindestens 30 polizisten im pyjama und der mann in handschellen verschleppt wurden, wurde während des flugs in der air berlin von 4 polizisten “gesichert” begleitet (diese müssten sie mit sämtlichen deportationskosten, da sind unsere behörden mindestens so genau wie schon in den ns- zeiten, erst auf heller und cent bezahlen, bevor sie eine sog. befristung ihrer wieder-einreise-sperre in ihre deutsche heimat bekommen könnten!). alle standen noch voll unter schock. ihre verzweiflung drückten sie in wut und empörung aus. sie wurden in ein hotel nahe des flughafens gebracht. sie wollten, dass wir heute zu ihnen kommen. wir, das ist außer mir ein filmteam aus berlin, die einen dokumentarfilm über abschiebebedrohte roma in deutschland und deportierte roma im kosovo drehen. heute abend bereits fliegen wir ungehindert zurück in die heimat der aus deutschland deportierten, mit schamgefühlen über die zugehörigkeit zu einem land, das seinen reichtum und seine macht auf kosten dieser menschen mit aller sog. rechtsstaatlichen gewalt ausübt, die aber auch gar nichts mehr mit menschlichkeit zu tun hat.wir werden weiter berichten.
eva weber